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Crossgolf am Großen Spektesee – Spaß ohne Kleiderordnung
von Kirsten Stamer
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Spielen kann man überall
Wenn ich an Golf denke, tauchen automatisch ältere, betuchte Herren in weißen Segeltuchhosen vor meinem inneren Auge auf. In kleinen weißen Elektroautos lassen sie sich von ihren Caddys über den perfekten englischen Rasen chauffieren und putten sich von Loch zu Loch. Außerdem haben sie wahrscheinlich einen großen Batzen Geld ausgegeben um überhaupt in ihren elitären Golfclub aufgenommen zu werden.

Dass es auch anders geht, zeigen mir heute Stephan, Micha und Lars. Die drei spielen Crossgolf. In Spandau sonst im IKEA-Parkhaus, da heute aber nicht Sonntag und das Parkhaus somit belegt ist, am Großen Spektesee imFalkenhagener Feld. „Spielen kann man überall“, sagt Stephan. Jeweils zwei Golfschläger schleppen sie mit sich herum, gespielt wird mit Hartschaumbällen, die mit elf Gramm etwas leichter sind als die Originale (45 Gramm) und außerdem weniger gefährlich für die Passanten und ihre Hunde. Denn davon gibt es heute Abend rund um den See genügend. Probleme hätten sie allerdings damit noch nie gehabt, sagen die drei jungen Männer in den Zwanzigern. „Die haben eher Probleme mit uns“, meint Micha. Die Hunde würden gegen ihre Golfbags pinkeln oder die Bälle fressen. Obwohl das heute nicht passiert, können sich die drei sicher sein im Zentrum der Aufmerksamkeit der Fußgänger zu stehen. „Ich hoffe ihr seid gut versichert.“ Oder: „Habt ihr denn auch die richtigen Socken für Golf an? – Die mit den 18 Löchern? (Gelächter)“, müssen sie schon mal über sich ergehen lassen. Normalerweise spielen sie aber an ruhigeren Orten. In einer Industriebaracke, einer stillgelegten Brauerei, am Flughafen Tempelhof oder eben bei IKEA. Dabei spielt auch immer die Faszination für die Orte mit in den Sport. „Die alte Brauerei zum Beispiel verändert sich ständig“, erzählt Stephan. „Das Metall wird geklaut und plötzlich gibt es keine Treppen mehr, wir finden alte Rechnungsbücher und außderdem ist sie ein Paradies für Sprayer.“ Neben den interessanten Locations interessiert ihn vor allem die Gemeinschaft am Sport. Außerdem die frische Luft, das Treffen von Freunden. „Und es ist auch toll, wenn der Ball dort ankommt, wo er ankommen sollte“, erklärt Stephan.

Die Regeln im Crossgolf sind klar: ein zuvor erwähltes Ziel soll mit möglichst wenig Schlägen erreicht und getroffen werden.

Für einen Ball riskiert man schon mal nasse Füße. 
Nur ist das Loch in diesem Fall ein Mülleimer, ein Baum oder auch mal der Kofferraum eines Autos. Auf Rasen spielen die drei eher selten, was sich dann auch gleich zeigt: zu Anfang fliegt mehr Dreck und Gras als der Ball. Sie müssen sich erst einmal von Beton auf Gras umstellen. Allerdings ein gutes Training für das nächste Crossgolf-Turnier dass sie besuchen wollen, denn dort wird ebenfalls auf einer Wiese gespielt. Stephan hat eine Wette verloren und wird als Caddy der anderen am Start sein. Ansonsten unterscheidet sich der Sport jedoch sehr vom normalen Golf. Die Schläger sind gebraucht bei e-bay zusammengekauft, auf die Kleidung legt niemand wert und auf Etikette schon gar nicht. Obwohl, eine Art Ehrenkodex haben die Crossgolfer schon „Safety first“, nennt das Stephan. Es wird Rücksicht auf die Menschen genommen, Müll wird nicht an der Location zurückgelassen und Natur – sofern denn vorhanden – nicht beschädigt.

Eine Nebenbeschäftigung beim Crossgolf ist die Ballsuche. Gleich der erste Schlag landet in einem großen Busch und auch aus dem See konnte ein Ball dank der Enten geborgen werden. „Das ist ein richtiger Teilsport“, amüsiert sich Lars. Allerdings gibt es für einen verlorenen Ball auch zwei Strafschläge und somit weniger Chancen mit der geringsten Schlaganzahl das Ziel zu treffen.

Wer will kann mitspielen
Stephan und Jens gründeten vor zwei Jahren die Crossgolfgruppe „Capital Crossgolfer“, nachdem Stephan über einen Freund zum Crossgolf kam und sofort infiziert war. Innerhalb weniger Monate wuchs die Crew auf fünf Mann; heute sind sie zu acht. In der Facebookgruppe sind 22 Leute registriert die sporadisch mitspielen. Wer Interesse an dem Sport hat, kann sich gern melden und es einfach ausprobieren. Ein- bis zweimal in der Woche spielen die Crossgolfer an verschiedenen Orten.